Gassen: Kassenärzte wollen allgemeine Impfpflicht nicht umsetzen
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Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), will die Impfpflicht bei den niedergelassenen Ärzten nicht umsetzen lassen.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin/Hannover. Gegenwind für Bundeskanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD): Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, hat angekündigt, dass die niedergelassenen Ärzte eine potenzielle Impfpflicht nicht umsetzen werden. „Wir sind nicht der verlängerte Arm des öffentlichen Gesundheitsdienstes“, sagte er am Mittwoch dem Sender N-TV. Seine Forderung: Sollte die Impfpflicht kommen, müsse dafür gesorgt werden, „dass eine Institution oder ein organisatorischer Überbau da ist, der die auch umsetzt“.
Gassen betonte, dass die KBV nicht generell gegen eine Impfpflicht sei. Dies sei eine politische Entscheidung, über die es auch in der Ärzteschaft unterschiedliche Ansichten gebe. Man sei sich aber in der Befürchtung über die organisatorischen Hürden einig. „Wenn man eine Impfpflicht gesetzgeberisch etabliert, dann muss man auch eine Idee haben, wie die operativ umgesetzt wird.“ Es nicht davon auszugehen, dass die Praxen diesen Mehraufwand „noch machen können und auch wollen“.
Gassen: Praxen „kein Ort, um staatliche Maßnahmen durchzusetzen“
Bereits am Dienstag sagte Gassen der „Bild“: „Wir werden unseren Ärzten nicht zumuten, eine Impfpflicht gegen den Willen der Patienten zu exekutieren.“ Die Praxen seien „kein Ort, um staatliche Maßnahmen durchzusetzen“. Mehr stehe dort das Vertrauen zwischen Arzt und Patient im Vordergrund. Kassenärzte-Vize Stefan Hofmeister sprach sich zudem gegen die Einführung der von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ins Spiel gebrachten Beratungspflicht für Impf-Unwillige aus.
Laut Impfdashboard (Stand Mittwoch) sind in Deutschland 60,7 Millionen Menschen und damit 72,9 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig gegen Corona geimpft. 40,1 Millionen Personen (48,3 Prozent) haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung erhalten.
Wegen Omikron: Gassen hält Impfpflicht für überflüssig
Auch wenn Gassen die Impfpflicht im Interview mit N-TV nicht bewerten wollte, sieht er diese skeptisch. Vergangene Woche sagte der Kassenärzte-Chef im Videocast „19 – die Chefvisite“, dass eine allgemeine Impfpflicht aufgrund der milder verlaufenden Omikron-Variante „medizinisch nicht wirklich Sinn“ ergebe. Omikron sei ein „Gamechanger“, weshalb die im Zeichen der Delta-Variante beschlossenen Maßnahmen überdacht werden müssten. „Wir sind in einer neuen Welt“, so Gassen.
Zur allgemeinen Impfpflicht soll es keinen Regierungsvorschlag der rot-grün-gelben Koalition geben. Stattdessen sollen Abgeordnetengruppen Anträge zu dem Thema ins Parlament einbringen. Der Bundestag will sich noch im Januar in einer sogenannten Orientierungsdebatte mit einer allgemeinen Impfpflicht befassen. Über konkrete Anträge könnte fraktionsübergreifend im Februar oder März beraten werden.
RND/jst mit dpa