„Hass ist keine Meinung mehr“

Neuer NRW-Landtag hat sich konstituiert - Reul mit deutlichem Appell für die Demokratie

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) leitet als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des Landtags. Nach der Landtagswahl am 15. Mai 2022 sind die Abgeordneten zur ersten Sitzung zusammengekommen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) leitet als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des Landtags. Nach der Landtagswahl am 15. Mai 2022 sind die Abgeordneten zur ersten Sitzung zusammengekommen.

Düsseldorf. Zweieinhalb Wochen nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat sich am Mittwoch in Düsseldorf das neue Landesparlament konstituiert. Der 69-jährige Alterspräsident und Innenminister, Herbert Reul (CDU), eröffnete die Sitzung und verpflichtete alle 195 Gewählten auf die Eidesformel, wonach sie „ihre ganze Kraft dem Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen widmen, seinen Nutzen mehren“ und Schaden von ihm abwenden sollen.

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Der Landtag ist um vier Mandatsträger kleiner als in der abgelaufenen Wahlperiode. Stärkste Fraktion ist bei der Landtagswahl am 15. Mai erneut die CDU geworden. Ihre Abgeordnetenzahl ist um 4 auf 76 Abgeordnete gewachsen. Dagegen schrumpft die SPD-Fraktion um 13 auf 56 Abgeordnete. Die Grünen haben mit 39 Abgeordneten 25 mehr als bisher. FDP (zuvor: 16) und AfD (zuvor: 13) haben nur noch jeweils 12 Sitze.

ARCHIV - 19.07.2021, Rheinland-Pfalz, Altenahr: Meterhoch türmen sich Wohnwagen, Gastanks, Bäume und Schrott an einer Brücke über der Ahr in Altenahr (Luftaufnahme mit einer Drohne). Tausende Häuser im Ahrtal wurden bei der Sturzflut zerstört oder beschädigt, es gab 134 Todesopfer. Nun beschäftigen sich bereits zwei Staatsanwaltschaften mit der Katastrophe. (Zu dpa "Ermittlungen wegen mutmaßlichen Geheimnisverrats bei Flutkatastrophe») Foto: Boris Roessler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Starkregen: Warum Deutschland schlecht vorbereitet in die nächste Katastrophe steuert

Was Starkregen anrichten kann, weiß man spätestens seit den Sturzfluten im Ahrtal. Karten, die das Risikopotential abbilden, fehlen aber bundesweit oft. Kaum eine Region in Deutschland ist wirklich sicher – und nur die Hälfte der Hausbesitzerinnen und ‑besitzer hat eine entsprechende Versicherung.

Reul warnt vor Vertrauensverlust in den Staat

Reul (CDU) rief zu einer entschlosseneren Verteidigung der Demokratie auf. Er sei besorgt, dass sich „viele Bürgerinnen und Bürger vom demokratischen Prozess entfernen“, sagte der 69-jährige. Viele Menschen hätten das Vertrauen in den Staat verloren. Das drücke sich auch in einer geringen Wahlbeteiligung aus. Die Beteiligung bei der NRW-Landtagswahl vor zweieinhalb Wochen war mit nur 55,5 Prozent auf einen historisch schlechten Wert gesunken.

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Gleichzeitig bekämen Corona-Leugner, Querdenker und Pegida-Aktivisten Zulauf und - teils mit antidemokratischen und antisemitischen Äußerungen - Zuspruch im Internet, warnte Reul. Zwar habe jeder das Recht, seine Meinung kundzutun. Allerdings gelte: „Hass ist keine Meinung mehr.“ Antidemokratische Haltungen dürften nicht in die Mitte der Gesellschaft sickern.

„Wir müssen da besser werden“

Viele Menschen seien nach der Corona-Pandemie und einem Krieg vor der Tür zunehmend verunsichert. „Wir müssen mit allen gesellschaftlichen Kräften dagegen arbeiten“, mahnte Reul. Menschen seien aber nur durch Handeln zu gewinnen. „Reden für die Galerie nützen da überhaupt nichts.“

Neue Regierung „auf Augenhöhe“: CDU sieht sich nach Wahlsieg in NRW im Aufwind
BERLIN, GERMANY - MAY 16: Hendrik Wüst, CDU premier of North Rhine-Westphalia attends a joint press conference with Friedrich Merz, leader of the German Christian Democrats (CDU) (not pictured) following the party's federal board meeting at the CDU headquarters, the day after the CDU won solidly in North Rhine-Westphalia state elections on May 16, 2022 in Berlin, Germany. The CDU swept 35.8% of the vote, well ahead of the second place German Social Democrats (SPD) at 26.6%. The Greens Party came in third, nearly tripling their previous result to finish with 18.1%. The election result is a setback for German Chancellor and SPD member Olaf Scholz. (Photo by Omer Messinger/Getty Images)

Hendrik Wüst und die CDU gehen aus der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen klar als stärkste Kraft hervor.

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Stattdessen müsse allen Menschen das Gefühl gegeben werden, „dass unser demokratischer Staat eine wertvolle Errungenschaft ist und Probleme auch lösen kann“. Das sei die Kernaufgabe der Politik. „Nicht Macht, Posten, Selbstdarstellung“, unterstrich der Alterspräsident. „Zu viele Bürger fremdeln mit der parlamentarischen Politik.“ Auf diese Menschen müsse aber zugegangen werden. „Wir müssen da besser werden“, räumte Reul ein.

André Kuper bleibt NRW-Landtagspräsident

Derweil wird der CDU-Politiker André Kuper weiter Präsident des nordrhein-westfälischen Landtags bleiben. In seiner konstituierenden Sitzung wählte das Landesparlament den 61-jährigen Rietberger am Mittwoch erneut an seine Spitze.

In geheimer Abstimmung votierten 178 Abgeordnete mit Ja, 14 mit Nein, drei enthielten sich. Damit nahmen alle 195 Mitglieder des Landtags mit gültigen Stimmen an der Wahl teil. Der studierte Verwaltungsfachwirt hat das protokollarisch höchste Amt im Land seit 2017 inne.

André Kuper (CDU) bleibt weiter Landtagspräsident von Nordrhein-Westfalen.

André Kuper (CDU) bleibt weiter Landtagspräsident von Nordrhein-Westfalen.

In seiner Dankesrede mahnte der Präsident eine respektvolle Diskussionskultur an. In der vergangenen Legislatur habe der Landtag einen bedenklichen Rekord aufgestellt: „Wir mussten so viele Rügen und Ordnungsrufe aussprechen wie nie zuvor in einer Wahlperiode.“

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Mit dem Einzug der AfD in den Landtag ist die Zahl der Rügen und Ordnungsrufe dort massiv gestiegen. In der abgelaufenen Wahlperiode wurden laut Statistik des Landtags insgesamt 113 solcher Ordnungsmaßnahmen ausgesprochen. Gut die Hälfte ging auf das Konto der AfD.

Kuper: Politik ist „auch ohne sprachliche Ausfälle möglich“

„Verwechseln Sie Streit in der Sache nicht mit Wut im Bauch“, mahnte Kuper. „Politisch-parlamentarische Auseinandersetzung ist auch ohne sprachliche Ausfälle möglich.“

Das Parlament werde gemeinsam Antworten auf die großen Fragen geben müssen, die jeden Einzelnen beträfen. Das gelte für die Folgen des Ukraine-Kriegs und der Corona-Pandemie ebenso wie für steigende Preise für Lebensmittel und Energie und für den Klimawandel.

Der Landtagspräsident ist der höchste Repräsentant des Landtags. Er wahrt die Rechte des Parlaments, vertritt es nach außen, führt dessen Geschäfte, leitet die Plenarsitzungen und steht an der Spitze der Landtagsverwaltung. Er wird für die Dauer der Legislaturperiode gewählt und soll überparteilich wirken.

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RND/dpa

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