Neuer NRW-Landtag hat sich konstituiert - Reul mit deutlichem Appell für die Demokratie
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Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) leitet als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des Landtags. Nach der Landtagswahl am 15. Mai 2022 sind die Abgeordneten zur ersten Sitzung zusammengekommen.
© Quelle: Oliver Berg/dpa
Düsseldorf. Zweieinhalb Wochen nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat sich am Mittwoch in Düsseldorf das neue Landesparlament konstituiert. Der 69-jährige Alterspräsident und Innenminister, Herbert Reul (CDU), eröffnete die Sitzung und verpflichtete alle 195 Gewählten auf die Eidesformel, wonach sie „ihre ganze Kraft dem Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen widmen, seinen Nutzen mehren“ und Schaden von ihm abwenden sollen.
Der Landtag ist um vier Mandatsträger kleiner als in der abgelaufenen Wahlperiode. Stärkste Fraktion ist bei der Landtagswahl am 15. Mai erneut die CDU geworden. Ihre Abgeordnetenzahl ist um 4 auf 76 Abgeordnete gewachsen. Dagegen schrumpft die SPD-Fraktion um 13 auf 56 Abgeordnete. Die Grünen haben mit 39 Abgeordneten 25 mehr als bisher. FDP (zuvor: 16) und AfD (zuvor: 13) haben nur noch jeweils 12 Sitze.
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Reul warnt vor Vertrauensverlust in den Staat
Reul (CDU) rief zu einer entschlosseneren Verteidigung der Demokratie auf. Er sei besorgt, dass sich „viele Bürgerinnen und Bürger vom demokratischen Prozess entfernen“, sagte der 69-jährige. Viele Menschen hätten das Vertrauen in den Staat verloren. Das drücke sich auch in einer geringen Wahlbeteiligung aus. Die Beteiligung bei der NRW-Landtagswahl vor zweieinhalb Wochen war mit nur 55,5 Prozent auf einen historisch schlechten Wert gesunken.
Gleichzeitig bekämen Corona-Leugner, Querdenker und Pegida-Aktivisten Zulauf und - teils mit antidemokratischen und antisemitischen Äußerungen - Zuspruch im Internet, warnte Reul. Zwar habe jeder das Recht, seine Meinung kundzutun. Allerdings gelte: „Hass ist keine Meinung mehr.“ Antidemokratische Haltungen dürften nicht in die Mitte der Gesellschaft sickern.
„Wir müssen da besser werden“
Viele Menschen seien nach der Corona-Pandemie und einem Krieg vor der Tür zunehmend verunsichert. „Wir müssen mit allen gesellschaftlichen Kräften dagegen arbeiten“, mahnte Reul. Menschen seien aber nur durch Handeln zu gewinnen. „Reden für die Galerie nützen da überhaupt nichts.“
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© Quelle: Reuters
Stattdessen müsse allen Menschen das Gefühl gegeben werden, „dass unser demokratischer Staat eine wertvolle Errungenschaft ist und Probleme auch lösen kann“. Das sei die Kernaufgabe der Politik. „Nicht Macht, Posten, Selbstdarstellung“, unterstrich der Alterspräsident. „Zu viele Bürger fremdeln mit der parlamentarischen Politik.“ Auf diese Menschen müsse aber zugegangen werden. „Wir müssen da besser werden“, räumte Reul ein.
André Kuper bleibt NRW-Landtagspräsident
Derweil wird der CDU-Politiker André Kuper weiter Präsident des nordrhein-westfälischen Landtags bleiben. In seiner konstituierenden Sitzung wählte das Landesparlament den 61-jährigen Rietberger am Mittwoch erneut an seine Spitze.
In geheimer Abstimmung votierten 178 Abgeordnete mit Ja, 14 mit Nein, drei enthielten sich. Damit nahmen alle 195 Mitglieder des Landtags mit gültigen Stimmen an der Wahl teil. Der studierte Verwaltungsfachwirt hat das protokollarisch höchste Amt im Land seit 2017 inne.
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André Kuper (CDU) bleibt weiter Landtagspräsident von Nordrhein-Westfalen.
© Quelle: Guido Kirchner/dpa
In seiner Dankesrede mahnte der Präsident eine respektvolle Diskussionskultur an. In der vergangenen Legislatur habe der Landtag einen bedenklichen Rekord aufgestellt: „Wir mussten so viele Rügen und Ordnungsrufe aussprechen wie nie zuvor in einer Wahlperiode.“
Mit dem Einzug der AfD in den Landtag ist die Zahl der Rügen und Ordnungsrufe dort massiv gestiegen. In der abgelaufenen Wahlperiode wurden laut Statistik des Landtags insgesamt 113 solcher Ordnungsmaßnahmen ausgesprochen. Gut die Hälfte ging auf das Konto der AfD.
Kuper: Politik ist „auch ohne sprachliche Ausfälle möglich“
„Verwechseln Sie Streit in der Sache nicht mit Wut im Bauch“, mahnte Kuper. „Politisch-parlamentarische Auseinandersetzung ist auch ohne sprachliche Ausfälle möglich.“
Das Parlament werde gemeinsam Antworten auf die großen Fragen geben müssen, die jeden Einzelnen beträfen. Das gelte für die Folgen des Ukraine-Kriegs und der Corona-Pandemie ebenso wie für steigende Preise für Lebensmittel und Energie und für den Klimawandel.
Der Landtagspräsident ist der höchste Repräsentant des Landtags. Er wahrt die Rechte des Parlaments, vertritt es nach außen, führt dessen Geschäfte, leitet die Plenarsitzungen und steht an der Spitze der Landtagsverwaltung. Er wird für die Dauer der Legislaturperiode gewählt und soll überparteilich wirken.
RND/dpa