Polens Reparationsforderungen an Deutschland sind kaum durchsetzbar
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Soldaten der deutschen Wehrmacht beim Einmarsch in Polen am 1. September 1939. Neben Polen hat auch Griechenland Reparationsforderungen für Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg an Deutschland gestellt.
© Quelle: dpa
Berlin. Der Zeitpunkt hat starke Symbolkraft: Exakt zum 83. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen und des Beginns des Zweiten Weltkrieges erneuerte Warschau eine alte Forderung an Berlin. Es geht um Reparationsleistungen von 1,3 Billionen Euro, die Deutschland als Ausgleich für Zerstörung, Tod und Unrecht an Polen zahlen soll.
Keine Frage, Deutschland hat mit seinem brutalen Vernichtungskrieg in Polen schwere Schuld auf sich geladen, und Forderungen nach Wiedergutmachung sind nicht aus der Luft gegriffen.
Polen saß beim Zwei-plus-vier-Vertrag gar nicht am Tisch
Die Bundesrepublik steht jedoch auf dem Standpunkt, dass mit dem Zwei-plus-vier-Vertrag von 1990 zwischen BRD, DDR und den ehemaligen Besatzungsmächten USA, UdSSR, Frankreich und Großbritannien alle Reparationsansprüche abgeschlossen sind. Allerdings sind in dem Vertrag Reparationen gar nicht erwähnt worden, und betroffene Staaten wie Polen, Griechenland oder Jugoslawien saßen nicht mit am Tisch.
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Den Krieg einfrieren, wieder mit Russland verhandeln: Wie realistisch sind diese Forderungen?
In offenen Briefen und TV-Sendungen sprechen sich Politiker, Künstler und Intellektuelle gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für Friedensverhandlungen aus – zuletzt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Wir haben seine zentralen Thesen mit drei Experten aus verschiedenster Perspektive auf Umsetzbarkeit und Stichhaltigkeit geprüft.
Insofern besteht hier völkerrechtlich zumindest eine Unschärfe. Dennoch bleibt es fraglich, ob 77 Jahre nach Kriegsende solche Ansprüche noch durchsetzbar sind, zumal in der Zwischenzeit mit dem Weltkriegssieger Sowjetunion, der damaligen Volksrepublik Polen und der DDR innerhalb des Ostblocks auch Reparationsleistungen beglichen wurden.
Auch in Polen gibt es Zweifel an der Durchsetzbarkeit
Auch in Polen selbst gibt es Zweifel an der Durchsetzbarkeit der Forderungen. Dennoch sind sie ein willkommener Hebel, um Deutschland zumindest moralisch in Schach zu halten und bei seinen liberalen Reformambitionen in Bezug auf die EU zu bremsen. Die deutschen Vorstellungen von einem Europa als föderalem europäischen Bundesstaat gehen den konservativen Kräften in Polen viel zu weit.
Es ist davon auszugehen, dass die Reparationen im nächsten Jahr ein Wahlkampfthema in Polen werden, wenn die konservative Regierungspartei PiS um ihre Mehrheit kämpft.