Treffen am Hotspot Antwerpen: EU-Staaten sagen organisierter Kriminalität den Kampf an
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) spricht mit dem belgischen Justizminister Vincent Van Quickenborne.
© Quelle: Carsten Koall/dpa
Antwerpen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Minister aus fünf weiteren EU-Staaten – nämlich Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande und Spanien – sowie EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sind am Montag bei einem Treffen in der belgischen Hafenstadt Antwerpen übereingekommen, entschlossener gegen die Organisierte Kriminalität vorzugehen. Faeser plädierte in diesem Zusammenhang dafür, insbesondere die „Einfallstore“ für den Drogenschmuggel zu schließen.
So wollen die beteiligten Staaten unter anderem die Häfen besser schützen, mit den südamerikanischen Herkunftsstaaten der Drogen kooperieren, die verschlüsselte Kommunikation der Organisierten Kriminalität effektiver abfangen und die Geldflüsse der Täter unterbrechen. Es gelte, Bargeschäfte über Grenzen hinweg zu stoppen und zu verhindern, dass das Geld reinvestiert werde. „Wir müssen die Kriminellen dort treffen, wo es sie am meisten trifft: an ihren Geldbeuteln“, heißt es im Abschlusspapier.
Hotspot des Kokainhandels in Europa
Der Hafen Antwerpen gilt neben dem von Rotterdam als Hotspot des Kokainhandels in Europa. Dort stellten Zollfahnder 2022 eine Rekordmenge von rund 110 Tonnen sicher, im Vorjahr waren es nur rund 90 Tonnen gewesen.
Im Zuge des Drogenhandels wächst auch die Gewalt. Es gibt in Antwerpen regelmäßig Schüsse und Explosionen. Im September wurde ein Versuch vereitelt, den belgischen Justizminister Vincent Van Quickenborne zu entführen, der der wuchernden Drogenkriminalität den Kampf angesagt hatte. Er hielt sich später wochenlang versteckt. Im Januar kam ein elfjähriges Mädchen durch Schüsse ums Leben. Ihre Onkel sind verurteilte oder mutmaßliche Drogenhändler. Unterdessen wurden in Belgien auch die Gegenmaßnahmen verschärft, so gegen Mitarbeiter der Häfen, die als Komplizen tätig sind. Der Hafen ist sehr groß und schwer zu überwachen.
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2,2 Milliarden Euro Schaden
Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte den durch die Organisierte Kriminalität verursachten Schaden in Deutschland für 2021 mit 2,2 Milliarden Euro beziffert. Im Jahr zuvor war es noch weniger als eine Milliarde gewesen. Faeser hat den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität aus diesem Grund zu einem ihrer Schwerpunkte erklärt und das zuständige Personal beim BKA aufgestockt. Anfang Mai hatte es eine Razzia von mehr als tausend Polizistinnen und Polizisten in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland gegen die süditalienische Ndrangheta gegeben.
Um den illegalen Aktivitäten den Boden zu entziehen, arbeitet die EU auf eine Grenze des Maximalbetrags hin, bis zu der Geschäfte in bar abgewickelt werden können. Die Mitgliedsstaaten wollen diese Schwelle bei 10.000 Euro festsetzen, das EU-Parlament bei 7000 Euro. In Italien liegt die Grenze bereits heute bei 1000 Euro. So soll verhindert werden, dass die Organisierte Kriminalität Geld wäscht.
„Eine der größten Herausforderungen für die Strafverfolgungsbehörden“
Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Dirk Peglow, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität stellt aufgrund ihres enormen Bedrohungs- und Schadenspotenzials eine der größten Herausforderungen für die Strafverfolgungsbehörden, aber auch für die Gesellschaft dar. Dabei behandelt Deutschland aber insbesondere die Bekämpfung der Geldwäsche immer noch nicht mit dem nötigen Vorrang.“
Er fügte hinzu: „Aufseiten der Strafverfolgungsbehörden benötigen wir sowohl bei der Justiz wie auch bei der Polizei Beschäftigte mit Spezialwissen, sowohl in rechtlicher als auch taktischer Hinsicht, und die notwendigen Freiräume, diese zum Teil sehr lange dauernden Ermittlungsverfahren zu führen.“ Dem würden jedoch nur wenige Bundesländern gerecht. „Stattdessen setzt man auf eine Einheitsausbildung und hofft, dass meine Kolleginnen und Kollegen das notwendige Spezialwissen nach der Ausbildung erlangen. Das ist aufgrund der nicht ausreichend vorhandenen Fortbildungsmöglichkeiten nur schwer möglich.“