Die Karriere von Xavier Naidoo ist am Ende – aber warum erst jetzt?

Xavier Naidoo hat wiederholt mit umstrittenen Aussagen für Aufregung gesorgt.

Xavier Naidoo hat wiederholt mit umstrittenen Aussagen für Aufregung gesorgt.

Hannover. Der Absturz von Xavier Naidoo begann eigentlich schon vor fast zehn Jahren. Am 25. Mai 2011 saß der Sänger zusammen mit seinem Bandkollegen der Söhne Mannheims, Henning Wehland, im ARD-“Morgenmagazin” und schwadronierte über Deutschland als “besetztes Land”.

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Ob sich der Musiker denn frei fühle in Deutschland, will “MoMa”-Moderatorin Anne Gesthuysen wissen. Wie aus der Pistole geschossen glaubt Naidoo zu wissen: “Nein, wir sind nicht frei. Wir sind immer noch ein besetztes Land. Deutschland hat keinen Friedensvertrag und dementsprechend ist Deutschland auch kein echtes Land.” Moderator Sven Lorig versucht, die Situation noch retten: “Ja, aber der Zwei-plus-Vier-Vertrag ...” Doch Naidoo ist voll in seinem Element: “Das ist kein Friedensvertrag”, so der Sänger.

In diesem Moment, im Jahre 2011, scheint all das irgendwie witzig zu sein. Die Situation im Studio wird weggelacht. “Sind wir schon bei Maischberger oder was?”, fragt Henning Wehland – alle anderen stimmen ins Gelächter mit ein.

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Wirre, rechte Gedankenwelt

Heute wissen wir: Das, was Xavier Naidoo damals vor sich hin brabbelte, war kein kleiner, verwirrter Ausrutscher – sondern schon damals Teil seiner äußerst kruden Gedankenwelt. Vor allem seine Geistesbrüder, die sogenannten “Reichsbürger”, propagieren bis heute, Deutschland sei gar kein richtiges Land, sondern eine GmbH, an deren Gesetze man sich demnach auch nicht halten müsse.

Auswirkungen auf seine Karriere hatten fragwürdige Auftritte wie dieser nicht. Oder anders gesagt: In den vergangenen zehn Jahren konnte sich Xavier Naidoo so ziemlich alles erlauben – und TV-Sender von RTL bis Vox und selbst die Öffentlich-Rechtlichen luden ihn trotzdem mit Kusshand in ihre Sendungen ein.

Zwar gab es genügend Anlässe, Naidoo endgültig vom Sender zu nehmen – doch der Sänger hatte stets eine gute Erklärung für seine Eskapaden. Naidoo ein Rassist? Ein Antisemit? Ein Schwarzer als rechter Verschwörungstheoretiker? Das konnte man sich irgendwie nicht vorstellen.

Kaum Konsequenzen

Und so stand Naidoo an einem Tag auf der Bühne einer “Reichsbürger”-Demo, am anderen Tag im Studio von “Sing meinen Song”. Mal säuselte der Musiker antisemitische und homophobe Texte ins Mikrofon, mal stand er für “Deutschland sucht den Superstar” vor der Kamera.

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Nur ein einziges Mal hatte sein Verhalten Konsequenzen: 2015, beim Eurovision Song Contest. Der NDR zog nach großen Protesten von ESC-Fans die Nominierung des Sängers zurück. Doch auch dieses Skandälchen verpuffte recht schnell. Naidoo blieb trotzdem ein gefragter Sänger. Erst im Sommer 2019 nahm die Plattenfirma Sony Music den (Zitat) “Ausnahmekünstler” unter Vertrag.

Naidoos Karriere ist am Ende

Heute ist die Situation eine gänzlich andere: Die Karriere von Xavier Naidoo ist am Ende. Am deutlichsten machte dies am Sonntag wohl der Sender Pro7 auf Twitter: "Wir versprechen: Der Sänger mit dem Aluhut wird nie wieder mit seiner Musik in unseren Shows sein. Nie wieder.”

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Auslöser für diese deutliche Ansage war ein zuvor aufgetauchtes Video des Sängers. Dem Rechtspopulisten Oliver Janich hatte Naidoo ein Interview gegeben und darin auch angedeutet, er habe seine Teilnahme bei “Deutschland sucht den Superstar” und den damit verbundenen Rauswurf als PR für sein kommendes “patriotisches” Album genutzt. Einige Tage zuvor hatte RTL den Sänger aus der Jury der Castingshow geworfen – Videos mit rassistischen Botschaften waren auf rechten Plattformen im Netz aufgetaucht.

Doch während sich nun Sender wie Pro7 und RTL für ihren Kampf gegen den Rassismus auf die Schulter klopfen, sollte eine Frage erlaubt sein: Warum zum Henker kommt diese Einsicht erst jetzt? Warum ist kein Fernsehsender, kein Radiosender, kein Musiklabel vorher auf die Idee gekommen, Naidoo konsequent zu boykottieren? Seine Thesen heute sind dieselben wie vor fünf, wie vor zehn Jahren.

Warum gucken wir weg?

Es scheint uns auch nach all den Jahren Pegida, AfD, “Vogelschiss” und rechtsextremer Terror unheimlich schwerzufallen, einen Rassisten als solchen zu erkennen, zu benennen und aus dessen Verhalten Konsequenzen zu ziehen. Das gilt für Zuschauer und Medienmacher gleichermaßen. Solange Xavier Naidoo nicht mit Hitlergruß auf eine RTL-Bühne rennt, wird das schon nicht so schlimm sein – so offenbar die einhellige Meinung. Und die Stimme, haben Sie seine Stimme gehört? So gefühlvoll!

Dieses Weggucken und Wegducken, das Zuhalten des rechten Auges, das ist nicht nur bei Xavier Naidoo so. Solange uns der Verfassungsschutz nicht höchstoffiziell ihre Rechtsextremität bescheinigt, laden wir die Höckes, Gaulands und Kalbitzes des Landes einfach weiter in Talkshows ein – denn jede Stimme muss gehört werden. Und noch dazu fallen wir immer wieder auf dieselben Pfeifen rein – die unzähligen Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie beweisen das derzeit nur zu gut.

Dass Leute wie Xavier Naidoo seit Jahren machen können, was sie wollen, liegt also nicht an Xavier Naidoo – sondern an uns. Immerhin scheint es zumindest in diesem Fall nun eine Einsicht zu geben. Geschlossen und bei allen beteiligten Sendern und Naidoos Musikkollegen. Vielleicht hat man daraus ja für die Zukunft gelernt. Man wird ja wohl noch träumen dürfen.

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