„Aus menschlicher Sicht katastrophal“

Wie die Öffentlichkeit den Prozess zwischen Amber Heard und Johnny Depp beeinflusst

Der US-amerikanische Schauspieler Johnny Depp und seine Ex-Frau Amber Heard stehen sich vor Gericht in Fairfax im US-Bundesstaat Virgina gegenüber und werfen sich gegenseitig Verleumdung vor.

Der US-amerikanische Schauspieler Johnny Depp und seine Ex-Frau Amber Heard stehen sich vor Gericht in Fairfax im US-Bundesstaat Virgina gegenüber und werfen sich gegenseitig Verleumdung vor.

Der Prozess zwischen den Schauspielern Johnny Depp und Amber Heard geht in die siebte und letzte Woche. Am Freitag soll das Urteil fallen. Durch die öffentliche Übertragung des Prozesses konnte jeder noch so schmutzige Vorwurf im Detail verfolgt werden. Nach Ansicht von Christian Schertz, bekannter deutscher Medienrechtsanwalt, bleiben deshalb unabhängig vom Urteil am Freitag am Ende nur Verlierer.

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„Für Johnny Depp mag das Verfahren ein Weg sein, öffentlich die Vorwürfe zu widerlegen, die ihm Amber Heard ebenfalls in der Öffentlichkeit gemacht hat. Aber ich würde den Versuch, durch so einen Prozess öffentliche Reputation zurückzuerlangen, als untauglich bewerten, da viel zu viele Details und gegenseitige Vorwürfe aus dem Privatleben öffentlich gemacht werden“, sagt Schertz im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Johnny Depp winkt bei der Ankunft vor dem Gericht seinen Anhängern und Anhängerinnen. Das öffentliche Interesse an dem Prozess ist riesig.

Johnny Depp winkt bei der Ankunft vor dem Gericht seinen Anhängern und Anhängerinnen. Das öffentliche Interesse an dem Prozess ist riesig.

Im Verfahren geht es um die Frage, ob Heard ihren Ex verleumdete, als sie 2018 in einem Gastbeitrag für die US-Zeitung „Washington Post“ über Erfahrungen mit häuslicher Gewalt berichtete. Von Depp war in dem Artikel keine Rede, doch sahen er und seine Anwälte einen klaren Hinweis auf Vorwürfe, die Heard im Rahmen ihrer Scheidung 2016 erhob.

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Im deutschen Rechtssystem undenkbar

Aus gutem Grund sei es im deutschen Rechtssystem verboten, Liveübertragungen von Gerichtsverhandlungen zu senden, sagt Schertz. „Unter dem Blick der Öffentlichkeit können zum Beispiel Zeugen nicht frei aussagen. Aber auch der Schutz der Privatsphäre würde dem entgegenstehen“, meint er. Nicht nur eine Übertragung dürfe es deshalb nicht geben, auch die Öffentlichkeit am Gericht selbst würde deshalb in solchen Fällen ausgeschlossen werden.

„In den USA wird aber anders abgewogen. Die ‚freedom of the speech‘, also die Meinungs- und Berichterstattungsfreiheit, steht über allem, also auch über dem Schutz der Prozessbeteiligten“, sagt der Anwalt. Deshalb sei auch die Möglichkeit, das Verfahren zu beeinflussen, viel größer – was beide Seiten für sich zu nutzen versuchen. So gibt es Gerüchte, Depp habe sich für seine Klage mit Virginia einen Bundesstaat ausgesucht, in dem die Liveübertragung explizit möglich ist. Seine Ex-Frau feuerte im Laufe des Verfahrens ihr PR-Team. Der Grund war offenbar, dass die Marketingagentur es nicht vermocht hatte, Heards Geschichte wirkungsvoll zu erzählen.

Urteil auch nach Sympathie

Das Spiel mit der Öffentlichkeit habe aber nicht nur den Zweck, die öffentliche Meinung auf seine Seite zu ziehen. „Das Urteil wird von einer Jury gefällt werden, es wird also auch tatsächlich, und nicht durch einen Richter, stellvertretend durch das Volk Recht gesprochen. Die Jurymitglieder entscheiden als Laien natürlich auch nach Sympathie“, ist sich Schertz sicher. Und diese Sympathie werde wiederum durch die öffentliche Meinung beeinflusst. „Das Urteil wird sicher eines sein, das nicht nur von der Sach- und Rechtslage bestimmt ist“, vermutet Schertz deshalb.

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Dass beide Seiten sich mit schmutzigen Details überziehen, sei „auch aus menschlicher Sicht katastrophal“, sagt Schertz. Johnny Depp bestreitet, Amber Heard jemals geschlagen zu haben. Vielmehr sei sie die Aggressive in ihrer Beziehung gewesen, meint er. Heard wiederum sprach von mehr als einem Dutzend Fällen körperlicher und sexueller Übergriffe, die sie durch ihren Ex-Mann erlitten habe. Bereits vor dem Prozess warf Depp seiner Ex-Frau außerdem vor, sie habe während einer Party einen Haufen Exkremente in seinem Bett hinterlassen.

Schertz sagt, er würde in solchen Fällen seinen Mandanten empfehlen, sich gar nicht zu den Vorwürfen zu äußern. „Sonst machen solche öffentlichen Äußerungen den Fall nur noch größer, statt einen Abschluss zu finden.“ Dieser Streisand-Effekt würde dem Betroffenen am Ende schaden. Dann stürzen sich Medien und eine gnadenlose Gesellschaft aus Sensationsgier erst recht auf den Fall. Schertz selbst schaue sich den Prozess deshalb bewusst nicht im Detail an.

mit dpa und AP

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