Den Gewerkschaften steht eine schwierige Gratwanderung bevor
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Die IG Metall kann durchaus streiken – und vor 50 Jahren entglitt das schon einmal.
© Quelle: Markus Scholz/dpa
In der Haut von Jörg Hofmann möchte man dieser Tage nicht stecken: Fordert der IG-Metall-Chef hohe Lohnsteigerungen, befeuert er womöglich die Lohn-Preis-Spirale. Belässt er es bei niedrigen Forderungen, steigen ihm vielleicht die Gewerkschaftsmitglieder aufs Dach.
Denn für die Metallerinnen und Metaller ist klar, dass es in den Tarifverhandlungen ums Geld geht: Nach Jahren mit Einmalzahlungen sollen echte Lohnsteigerungen her. Und bei 7,9 Prozent Inflation müssen die sich auch sehen lassen können.
Zugleich sind die fetten Jahre in der Metall- und Elektroindustrie vorbei: Die Arbeitgeber warnen, dass hohe Energie- und Rohstoffkosten zu einer immer größeren Belastung werden. Einfach werden die Tarifverhandlungen jedenfalls nicht.
Die Lohn-Preis-Spirale droht
Noch tückischer macht es die volkswirtschaftliche Ebene: Die IG Metall ist die größte Gewerkschaft der Bundesrepublik, die Metall- und Elektroindustrie eins der Flaggschiffe der hiesigen Wirtschaft. Was Hofmann fordert, hat Signalwirkung – immerhin droht Deutschland eine Lohn-Preis-Spirale, bei der sich die Inflation verselbstständigt.
Die Führung der IG Metall hat sich deshalb für einen Mittelweg entschieden: Sie empfiehlt ihren regionalen Tarifkommissionen hohe, aber nicht irrsinnige Tarifforderungen – während sie zugleich betont, dass staatliche Entlastungen den Lohndruck mildern könnten.
Eine Alternative zur Gratwanderung hat die Gewerkschaft nicht: Das letzte Mal, als die IG Metall bei einer konzertierten Aktion auf Lohnzurückhaltung setzte, verselbstständigte sich nicht die Inflation, wohl aber die Gewerkschaftsbasis: In den 1970er-Jahren erlebte die Bundesrepublik so heftige wilde Streiks wie lange nicht.