Elektroautos: Teslas Konkurrenz drängt auf den Markt
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Ladestation für Tesla-Elektrofahrzeuge, Tesla-Supercharger, an einem Hotel in Eindhoven, Niederlande.
© Quelle: imago images/Jochen Tack
Der Wagen wurde nicht nur in die Wüste geschickt. Die Marketingabteilung hat sogar eine Tour von der Südspitze Südamerikas nach Los Angeles organisiert. Und der R1T hat die Strecke gemeistert. Das gehört dazu, wenn man einen Elektro-Pick-up an die Kunden bringen will – und an die Investoren: Der Hersteller Rivian hat gerade weitere 2,6 Milliarden Dollar (knapp 2,2 Milliarden Euro) eingesammelt, um das Auto serienreif zu machen.
Rivian aus Plymouth im US-Staat Michigan ist nur einer von zahlreichen Newcomern, die sich anschicken, die Autobranche aufzumischen. Sie heißen Xpeng, Lucid Motors oder Nio. Den E-Auto-Start-ups ist gemeinsam, dass sie – getreu dem Vorbild Tesla – auf clevere Elektronik, viel PS und große Reichweite setzen.
Sportliche Limousinen und Geländewagen
Lucid (USA) und Xpeng (China) offerieren sportliche Limousinen. Wobei die Modelle der Chinesen seit Mitte 2020 schon für umgerechnet rund 25.000 Euro zu haben sind, wollen die Amerikaner im Frühjahr mit Preisen jenseits von 100.000 Dollar starten.
Rivian will mit dem R1S in der Kategorie der Geländelimousinen antreten. Auslieferungen sollen in den USA im August beginnen. Schon im Juni soll der Pick-up R1T folgen. Die Basisdaten: bis zu 800 PS und mindestens 400 Kilometer Reichweite. Die Preise fangen bei 75.000 Dollar an. Rivian-Gründer und -Chef R. J. Scaringe teilte anlässlich des frischen Geldes mit: 2021 werde ein kritisches Jahr für das Unternehmen. Man werde sich auf die Marktstarts konzentrieren, aber zugleich die nächste Stufe der Expansion einleiten.
Wert von 27 Milliarden Dollar
Nach Berechnungen der Finanznachrichtenagentur Bloomberg wird das 2009 gegründete Unternehmen von Investoren bereits mit 27 Milliarden Dollar bewertet, obwohl noch kein einziges Auto verkauft wurde.
Auf die wuchtigen Rivian-Modelle wetten renommierte Anleger. Starinvestor George Soros gehört genauso dazu wie die Fondsgesellschaft Fidelity oder der Autobauer Ford. Vor allem aber hat Amazon viele Hundert Millionen Dollar lockergemacht. Der Onlinegigant will mit Rivian-Technik die Elektrifizierung der Paketauslieferung vorantreiben. Ein Elektrolieferwagen soll die dritte Premiere in diesem Jahr werden. Amazon-Chef Jeff Bezos plant, insgesamt 100.000 Exemplare der E-Transporter bis 2030 in Dienst zu stellen. Der Konzern will damit seine CO₂-Bilanz verbessern. Branchenkenner vermuten, dass auch der digitale Sprachassistent Alexa zum Einsatz kommt und Fahrer auf den effizientesten Routen durch die Städte navigieren wird.
Enge Kooperation mit Amazon
Vor allem wegen der engen Kooperation mit Amazon trauen Investoren dem Unternehmen einiges zu, schließlich verfügt der Konzern über immense Liquiditätsreserven. Das kann das Start-up zu einem ernsthaften Rivalen des E-Pioniers Tesla machen, der ebenfalls noch in diesem Jahr Autofahrer von einem elektrischen Pritschenwagen in Science-Fiction-Design, genannt Cybertruck, überzeugen will.
Ein weiterer ernst zu nehmender Tesla-Jäger kommt aus China: die Firma Nio. Deren Marktkapitalisierung liegt Bloomberg-Daten zufolge schon bei 90 Milliarden Dollar. Damit ist zwar der Börsenwert von Volkswagen noch nicht erreicht, aber Daimler und BMW haben die Chinesen schon deutlich abgehängt.
Reichweite bis 1000 Kilometer
Nio verkauft in China schon vollelektrische Autos – zwei SUV-Modelle. Die Stückzahl von 43.728 Exemplaren im vergangenen Jahr ist allerdings noch bescheiden. Dieses Jahr soll das SUV-Coupé EC6 hinzukommen und im Frühjahr 2022 die erste Nio-Limousine namens ET7. Das alles ab 56.500 Euro. Vorbestellungen sind über die Smartphone-App von Nio möglich. Branchenkenner erwarten, dass die Chinesen spätestens mit dem Marktstart des ET7 in Europa aktiv werden.
Die Elektronik des Stromers soll nach den Angaben des Unternehmens „schrittweise Anwendungsfälle“ für autonomes Fahren ermöglichen. Zwei E-Motoren sollen insgesamt um die 650 PS leisten, und eine Reichweite bis zu 1000 Kilometer wird angepeilt.
Aktienkurs mehr als verzehnfacht
Das will Nio-Gründer William Bin Li mit einer Festkörperbatterie schaffen, die eine extrem hohe Energiedichte aufweise. Nio würde damit zu den Vorreitern einer Technologie gehören, an der unter anderem auch die Ingenieure von Volkswagen mit hohem Einsatz arbeiten und der Experten eine große Zukunft prognostizieren.
Der Aktienkurs von Nio hat sich binnen eines Jahres mehr als verzehnfacht, obwohl das Unternehmen Verluste macht, im dritten Quartal waren es 154 Millionen Dollar. Das stört aber die Anleger nicht. Sie hoffen darauf, dass sich die Tesla-Story wiederholt. Elon Musks Firma hat über Jahre Miese gemacht, ist inzwischen aber in der Gewinnzone angekommen. Und der Marktwert liegt aktuell bei erstaunlichen 806 Milliarden Dollar.
Doch eine Reihe von Analysten erwartet, dass das nicht mehr lange so bleiben wird. Das Analysehaus Bernstein Research etwa hat das Kursziel für die Aktie auf 180 Dollar gesetzt – derzeit notiert sie noch bei 850 Dollar. Ein wesentlicher Grund für die düstere Prognose: Rivian, Nio und die anderen Newcomer. Ihnen wird zugetraut, dass sie dem Vorbild bald massiv Marktanteile abluchsen.
RND