Rückschlag für Intel: Warum nun um die Chipfabriken in Magdeburg gebangt wird
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Auf diesem Feld am Rande von Magdeburg will der Chiphersteller Intel ein Werk bauen.
© Quelle: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
Frankfurt am Main. Der Chiphersteller Intel ist tief in die roten Zahlen gerutscht und hat eine der düstersten Geschäftsprognosen in der Firmengeschichte vorgelegt. In Sachsen-Anhalt wächst nun die Angst, dass sich der Bau von zwei gigantischen Chipfabriken zerschlagen könnte.
Der Konzernumsatz des früheren Dominators der Halbleiterbranche fiel im vergangenen Quartal im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Drittel auf 14 Milliarden Dollar. Unterm Strich kam ein Verlust von 664 Millionen Dollar zusammen – nach einem Gewinn von gut 4,6 Milliarden Dollar.
Der berühmt-berüchtigte Schweinezyklus in der Chipbranche hat den US-Konzern voll erwischt. Während der Pandemie schoss die Nachfrage nach Personal Computern massiv in die Höhe, weil sich Beschäftigte überall in der Welt Heimarbeitsplätze einrichteten. Das hatte zur Folge, dass Chips extrem teuer und rar wurden – unter anderem für die Automobilbranche, aber auch für Maschinen, Anlagen oder Rechenzentren. Viele Unternehmen haben deshalb wieder größere Lagerbestände angelegt, sie wollen nicht noch einmal von einem Chipmangel überrascht werden.
Konzernchef erinnert an langfristige Pläne
Zugleich sind jetzt Millionen Haushalte mit modernen PCs ausgestattet. Das ist der maßgebliche Grund dafür, dass nach Berechnungen der Marktforschungsfirma Gartner der Absatz der Rechner im letzten Vierteljahr von 2022 so heftig wie noch nie zuvor, nämlich um rund 28 Prozent, eingebrochen ist. Besonders Letzteres bekommt Intel nun schmerzhaft zu spüren, denn die Halbleiter für die Rechner sind nach wie vor das wichtigste Geschäftssegment der Firma aus Santa Clara (Kalifornien). Zudem wurden auch Investitionen in Rechenzentren zurückgefahren – und die Serverchips sind das zweite wichtige Standbein für Intel.
Besonders bitter ist, dass Konzernchef Pat Gelsinger für die ersten drei Monate des neuen Jahres nicht mit Besserung rechnet, auch wegen der hohen Lagerbestände. Bestenfalls könne ein Umsatz von 11,5 Milliarden Dollar zusammenkommen. Experten hingegen hatten mit um die 14 Milliarden gerechnet. Und Intel fällt hinter Konkurrenten wie AMD oder Nvidia noch stärker zurück. Die Aktie des Unternehmens brach am Freitag ein.
Dabei war Gelsinger 2021 angetreten, um Intel wieder zu alter Stärke zu führen. Der Manager indes begründete die roten Zahlen und die finstere Prognose mit der schwachen Konjunktur. Und er betonte während einer Telefonkonferenz: „Ich möchte alle daran erinnern, dass wir uns auf einer mehrjährigen Reise befinden.“ Ein weiterer Grund für die Verluste seien die hohen Ausgaben für Investitionen, mit denen er das Unternehmen langfristig wieder nach vorne bringen will.
Es geht dabei vor allem um neue Fertigungstechnologien, die die Chipproduktion billiger machen sollen. Im US-Bundesstaat Ohio wurde bereits mit dem Bau eines neuen Werks begonnen. Eigentlich sollte es auch schon im ersten Halbjahr 2023 in Magdeburg losgehen, wo Intel für 17 Milliarden Euro zunächst zwei Fabriken hinstellen will – vom Bund soll es dafür Subventionen von 6,8 Milliarden Euro geben. Doch das Vorhaben verzögert sich.
Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos hatte Gelsinger zwar bekräftigt, dass auch in Europa die Produktion weiterhin ausgebaut werden solle, aber mit Blick auf Magdeburg sagte er, die Werke müssten auch wettbewerbsfähig sein.
Windräder für die Chipfabrik
Dazu gehört qualifiziertes Personal. Schon voriges Jahr im Herbst war nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland erkennbar gewesen, dass sich für Intel die Suche nach Fachkräften äußerst schwer gestalten würde. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Strompreise. Diese sind für Chipfabriken ein großer Kostenposten. Zwar hat sich die elektrische Energie im Vergleich zum Sommer 2022 wieder deutlich verbilligt, das Niveau der Notierungen an den Strombörsen liegt aber immer noch merklich über dem vom Jahr 2021.
Intel-Vorstand Keyvan Esfarjani forderte kürzlich in einem Interview mit „Zeit Online“ indirekt Preise von 6 bis 8 Cent pro Kilowattstunde. Aktuell liegen die Notierungen an der Strombörse bei 10 bis 15 Cent.
Die 6 bis 8 Cent wurden von dem Manager vermutlich nicht zufällig genannt. Das ist recht genau die Spanne, in der moderne Windparks an Land Strom erzeugen können. Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) betonte denn auch in einem Interview mit der „Magdeburger Volksstimme“, Intel sei sehr stark an erneuerbaren Energien interessiert, deshalb sei der Bau von großen Windkraftanlagen in Sachsen-Anhalt ein Thema. Der US-Konzern wolle sich langfristig gute Konditionen durch Lieferverträge mit einem Energiekonsortium sichern.
Es kursiert die Angst, dass das Intel-Management sich doch noch umentscheidet und statt in Ostdeutschland verstärkt in den USA investiert, wo Energie erheblich billiger und Subventionen höher sind. Der Minister ist dennoch zuversichtlich: „Ich sehe einen Produktionsstart 2027, spätestens 2028 nicht gefährdet.“