Ein Jahr nach dem Abschied

Spektakulärer Wechsel: Ex-Bundesbankchef Weidmann kontrolliert künftig die Commerzbank

Jens Weidmann spricht.

Ex-Bundesbankchef Jens Weidmann.

Berlin. Die Personalie kommt überraschend – und mit ihr endet ein monatelanges Rätselraten über die Frage, was der ehemalige Bundesbankpräsident Jens Weidmann eigentlich künftig beruflich macht. Seit dem Wochen­ende ist klar: Weidmann wird neuer Aufsichtsratschef der Commerzbank. Im Mai kommenden Jahres soll er die Nachfolge des bisherigen Chefkontrolleurs Helmut Gottschalk antreten – knapp eineinhalb Jahre nach seinem ebenfalls überraschenden vorzeitigen Abschied von der Bundesbank.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Für die Commerzbank ist die Verpflichtung des 54‑Jährigen der Versuch, das Kontrollgremium nach Jahren der Personalquerelen endlich in ruhigeres Fahrwasser zu lenken. Drei Aufsichtsratschefs hatte das Geldhaus in den vergangenen drei Jahren, mit Weidmann versucht die Nummer vier ihr Glück.

Der Job als Chefaufseher von Deutschland zweitgrößter Privatbank war in den vergangenen Jahren nicht gerade begehrt. Mehrere Kandidaten lehnten das Angebot ab, unter ihnen etwa der inzwischen ehemalige KfW‑Chef Günther Bräuning, der es vorzog, in den Ruhestand zu gehen.

Jede Menge Probleme

Die Probleme der Commerzbank sind mannigfach. Seit der Megafusion mit der Dresdner Bank zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt – der Deal wurde 2008 nur zwei Wochen vor der Lehman-Pleite und dem Ausbruch der Weltfinanzkrise verkündet – sucht das Geldhaus nach einem zukunftsträchtigen Geschäftsmodell sowie nach seiner Rolle im deutschen Bankenmarkt. Derzeit läuft mal wieder ein Sparprogramm, bei dem 10.000 Vollzeitstellen wegfallen sollen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Gleichzeitig gilt die Eigentümerstruktur als schwierig. Der Bund, der seit der Rettung der Bank Anfang 2009 mit derzeit etwas mehr als 15 Prozent größter Anteilseigner ist, soll sich trotz gegenteiliger Versprechungen immer wieder auch in das Tagesgeschäft einmischen. Auf der anderen Seite stehen große Finanzinvestoren wie Blackrock oder Wellington, die eine Rendite ihrer Investments sehen sollen. Die verschiedenen Interessen auszugleichen ist keine leichte Aufgabe.

Für Weidmann spricht, dass er als ehemaliger Bundesbankchef und als Leiter der wirtschafts- und finanz­politischen Abteilung im Kanzleramt unter Angela Merkel über ein exzellentes Netzwerk in der Politik verfügt. Entsprechend positiv sind die ersten Reaktionen aus dem politischen Raum. Der Bund stehe „voll“ hinter dem Vorschlag des scheidenden Aufsichtsratschefs Gottschalk für dessen Nachfolge, sagte Finanzstaatsekretär Florian Toncar dem „Handelsblatt“. SPD-Finanzexperte Lars Zimmermann sprach von der Verpflichtung eines „absoluten Schwergewichts“, die zeige, dass die Commerzbank „wieder in der ersten Liga“ spiele.

Günstiger Zeitpunkt

In Frankfurter Bankenkreisen ist man dagegen weniger euphorisch. In der Finanzmetropole gilt vor allem Weidmanns fehlende Erfahrung als Bankmanager als Schwäche – ein Vorwurf, der auch Commerzbank-Chef Manfred Knof, einen langjährigen Versicherungsmanager, begleitet.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Spotify Ltd., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Positiv für Weidmann: Der Zeitpunkt der Amtsübernahme ist günstig. Nach einem Milliardenverlust im Jahr 2020 ist die Commerzbank zuletzt wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt. Und auch die Zinswende dürfte sich in den nächsten Quartalen positiv auf die Geschäftszahlen der Bank auswirken.

In dieser Frage dürfte Weidmann sich bestätigt sehen. Als Bundesbankchef hatte er immer wieder gefordert, die geldpolitischen Zügel straffer anzuziehen.

Mehr aus Wirtschaft

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken