Mit dem Porsche Taycan E über die Formel-E-Rennstrecke
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Der Porsche Taycan ist der gelungene Versuch, Sportlichkeit und E-Vernunft zu vereinen.
© Quelle: Porsche
Berlin. Es muss jetzt ganz schnell gehen. Aber die Balaclava – die Unterzieh-Mütze – muss noch über die Corona-Maske und unter den Helm. Strenges Vermummungsgebot statt -verbot. Klappt knapp, aber die Sonnenbrille fällt weg. Egal. Keine Zeit mehr.
Erster WM-Titel der Formel E in Berlin
Phil Bastiaans ist von Berufs wegen immer in Eile. Der 48-jährige Niederländer ist in fast 200 Autorennen in verschiedenen Klassen gestartet. 52 dieser Rennen hat er gewonnen, bei fast der Hälfte raste er aufs Podium. Nun ist er mein Fahrer. Für die E-Mobilitätsplattform des RND fährt er mich im Porsche Taycan um die Rennstrecke in Berlin-Tempelhof.
Zehn Kurven auf 2355 Metern. Hier wird am Sonntag der erste WM-Titel der Formel-E-Geschichte vergeben. Sat. 1 überträgt live. Aber für mich ist nun wichtiger: nicht übergeben. „Hast du Erfahrung mit E-Autos?“, fragt Phil durchs offene Visier seines Helmes. Hier wird also geduzt. Keine Zeit für Förmlichkeiten. Ja, habe ich.
Diese Situation ist jedoch anders, ist neu. E-Mobilität steht für Vernunft, für Veränderung hin zu einem bewussteren Umgang mit motorisierter Bewegung. „Aber wir müssen die Menschen auch über Emotionen begeistern und an E-Mobilität heranführen“, hatte mir Jamie Reigle, der CEO der Formel E, vor einer Woche gesagt. Der Spaßfaktor ist wichtig. Vielleicht sogar wichtiger als Vernunft, um E-Mobilität in der Mitte der Gesellschaft zu verankern. Daher muss für dieses edle Ziel auch eine Prise Unvernunft erlaubt sein. Also ab auf die Rennstrecke.
Kann Leistung so leise sein?
Der Taycan beschleunigt aberwitzig schnell und rast mit 185 km/h auf die erste Kurve zu. Ganz leise macht er das. Phil bremst. Auch nicht laut. Dann beschleunigt er wieder. Leise. Irritierend leise geradezu. Kann Leistung so leise sein? Ja. E-Leistung kann das und soll das.
Ich sitze tief, würde gerne etwas mehr über das Armaturenbrett schauen. Klappt nicht. Zu wenig Bauchmuskeln? Sicher, auch. Leider. Aber vor allem ist der Anpressdruck in die Sitze einfach zu stark.
Rasend geht es vorbei an dem museal alten Flieger, der direkt neben dem Rennkurs steht. Tempelhof ist ein Ort mit Geschichte. Der Ort der Luftbrücke, um Berlin zu versorgen, als anno 1948/49 die Land- und Wasserwege durch die Sowjets gesperrt worden waren.
Der Porsche Taycan vereint Sportlichkeit mit E-Vernunft
Die Luftbrücke ermöglichte Berlin eine Zukunft. Nun wird hier die Zukunft der Mobilität sichtbar gemacht. Der Automobil-Weltverband FIA ist Ausrichter der Formel E. FIA-Präsident Jean Todt ist an diesem Wochenende in Berlin vor Ort. Todt braucht keine Raser-Runde mit dem nahezu fliegenden Holländer Phil, um von der E-Mobilität überzeugt zu sein.
Der Porsche Taycan ist der sehr gelungene Versuch von Porsche, Sportlichkeit und E-Vernunft in einem Fahrzeug zu vereinen. Die Runde ist beendet. Ich habe nichts leisten müssen, außer für den Videomitschnitt mein Handy mit beiden Händen zu halten. Aber ich schwitze und bin außer Atem.
Zitternde Hände nach der Runde
Meine beim Einsteigen verlorene Sonnenbrille wurde gefunden. Ich setze sie auf. Und es ist mir fast ein wenig unangenehm, dass dabei meine Hände noch ein wenig zittern. „Ganz normal nach so einer Runde“, werde ich getröstet.
Zitternde Hände nach einer sportlichen Runde in einem E-Auto also. Und Spaß, der nachwirkt. So kann E-Mobilität mehrheitsfähig werden. Jamie Reigle weiß das. Deshalb ist ihm ganz wichtig, dass „unsere Formel E ins Free-TV gehört. Wir brauchen kein Pay-TV sondern das breite Publikum“. Bei Porsche sehen sie das ähnlich. Anders als Audi und BMW bleibt die Sportwagenschmiede auch in der im Januar 2022 beginnenden nächsten Saison in der Formel E.