Verbot neuer Gas- und Ölheizungen: Kritik an Ampelbeschluss reißt nicht ab
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Dampf bildet sich über Schornsteinen moderner Heizungsanlagen.
© Quelle: dpa
Berlin. Trotz der geplanten Ausnahme- und Übergangsregelungen für das Einbauverbot neuer Gas- und Ölheizungen ab Anfang 2024 kommt von der Opposition weiter Kritik am Vorhaben der Ampel-Koalition. Der klimaschutz- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Andreas Jung, sieht noch viele offene Fragen, über die die Bundesregierung kurzfristig umfassende Transparenz schaffen müsse. Zu klären sei beispielsweise, ob es für Neubauten tatsächlich ein Verbot für Biomasseheizungen geben solle und ob das Heizen mit Pellets weiter möglich sei. Unklar sei auch die Förderung der Investitionen durch den Staat und die Unterstützung speziell für finanzschwache Haushalte, kritisierte der CDU-Abgeordnete.
Kompromiss beim umstrittenen Gebäudeenergiegesetz
Die Ampel-Koalition hatte zuvor einen Kompromiss beim umstrittenen Gebäudeenergiegesetz mit dem Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen erzielt. Nach Angaben des Bundeswirtschafts- und des Bundesbauministeriums vom Freitag liegt nun ein fertiger und von allen drei Parteien getragener Gesetzentwurf vor. Er soll zeitnah in die Länder- und Verbändeanhörung und anschließend ins Kabinett gehen.
Das haben die Ampel-Parteien beschlossen
Fast drei Tage Ringen hinter verschlossenen Türen. Am Ende habe sich das alles gelohnt, verkündeten die Spitzen der Ampel-Koalition am Abend.
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Demnach bleibt es im Kern dabei, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Es soll aber Ausnahmen, Übergangsfristen und eine umfassende Förderung geben. Verzichtet wird den Angaben zufolge auf die ursprünglich vorgesehene Austauschpflicht für funktionierende Öl- und Gasheizungen. Gehen alte Heizungen nach 2024 irreparabel kaputt, kann kurzfristig wieder ein Öl- oder Gaskessel eingebaut werden, um beispielsweise bei einem Ausfall im Winter nicht wochenlang frieren zu müssen. Dieser muss dann aber binnen drei Jahren um moderne Technik ergänzt werden, um die 65-Prozent-Vorgabe zu erfüllen. Für Wärmepumpen gibt es zum Teil lange Lieferzeiten.
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Die 65-Prozent-Vorgabe gilt beim Einbau neuer Heizungen auch nicht für Hausbesitzer, die über 80 Jahre alt sind. Erst wenn deren Haus vererbt oder verkauft wird, greift das neue Recht - mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren. Eine Härtefallausnahme soll die Wirtschaftlichkeit sein, wenn Gebäudewert und Investitionssummen in keinem angemessenen Verhältnis stehen. Zudem gibt es keine Festlegung auf Wärmepumpen als Alternative zu Öl- und Gasheizungen, stattdessen gilt Technologieoffenheit.
Gemeinsam schaffen wir eine sichere, bezahlbare und zukunftsfähige Wärmeversorgung
Grünen Co-Vorsitzende Ricarda Lang
Die Grünen Co-Vorsitzende Ricarda Lang sprach von einem „Durchbruch bei der Wärmewende“. „Nach dem Turbo bei den Erneuerbaren und dem Aus für den fossilen Verbrenner bahnt die Ampel in einem weiteren Sektor den Weg in die Klimaneutralität.“ Es sei gut, dass das Gesetz nun schnell auf den Weg komme, damit Hersteller und Verbraucher sicher planen könnten. „Wichtig ist, dass wir soziale Härten abfedern und so die Menschen auf dem Weg wirklich unterstützen. Gemeinsam schaffen wir eine sichere, bezahlbare und zukunftsfähige Wärmeversorgung“, sagte Lang.
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Ulrich Lange kritisierte dagegen, das Vorhaben werde das Bauen massiv verteuern. „Mit ihren Plänen zum Gebäudeenergiegesetz trifft die Ampel die Menschen in unserem Land, aber auch die Baubranche in Mark und Bein“, sagte der CSU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag). Dass die von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vollmundig angekündigte Förderung weiterhin „völlig nebulös“ bleibe, komme noch erschwerend hinzu.
Umweltverbände kritisieren Ampel-Kompromiss als klimaschädlich
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erhält nach skeptischen Äußerungen zur Klimapolitik der Ampel-Koalition Zustimmung von Umweltverbänden. „Es ist offensichtlich, dass die Ergebnisse des Koalitionsausschuss es nochmal schwieriger machen, die Klimaschutzziele im Verkehr zu erreichen“, sagte Benjamin Stephan, Greenpeace-Mobilitätsexperte, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Das ist der traurige Erfolg der bocksturen Blockade der FDP, einer SPD, die sich im Zweifel dann doch gegen das Klima und für eine alte Technologie wie den Verbrenner und mehr Autobahnen stellt sowie einer Grünen Partei, die sich nicht gegen diese Übermacht wehren konnte oder wollte.“
Vorausschauende Verkehrspolitik gebe einer wichtigen Branche und den Menschen im Land eine verlässliche Orientierung und steuere sie durch Veränderungen, forderte Stephan. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und seine Partei stifteten aber Unsicherheit „und wecken mit ihren E-Fuels-Märchen falsche Hoffnungen mit fatalen Folgen für Industrie und Klima“. Die Bundesregierung könne es sich nicht leisten, das lange angekündigte Klimaschutzsofortprogramm noch weiter in die Zukunft zu schieben.
Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs VCD, sagte, Habeck habe Recht, wenn er sage, dass die im Verkehrsbereich vereinbarten Maßnahmen nicht ausreichten, um die Klimaziele zu erreichen. „Der VCD teilt die Skepsis, dass die Ampel-Koalition den Klimaschutz im Verkehr damit faktisch aufgegeben hat“, sagte sie. Ohne wirksame Instrumente und veränderte Rahmenbedingungen bleibe es bei wohlklingenden Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag. Sie nannte eine ausschließliche finanzielle und planungsrechtliche Priorisierung des Bahnausbaus, nur noch Erhalt statt Ausbau der Bundesfernstraßen, Abbau umweltschädlicher Subventionen und volle Besteuerung des Luftverkehrs - und als sofort wirksames Mittel ein Tempolimit.
Die Expertin für Gebäude und Wärmenetze bei der Denkfabrik Agora Energiewende, Uta Weiß, warnte davor, dass die Diskussion über Wasserstoff-Heizungen in die Irre führen könne. Sie suggeriere, dass Gasheizung weiter genutzt werden könnten, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Für die Verbrennung von reinem Wasserstoff müsste man aber selbst sogenannte H2-Ready-Heizungen kostspielig umrüsten.“ Dieser Heizungstyp soll nach dem Koalitionskompromiss unter bestimmten Voraussetzungen künftig zulässig bleiben.
RND/dpa