Digitalisierung: Mehr Mut für Neues
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Olaf Schlenzig, Firmenkundenbetreuer bei der Volks- und Raiffeisenbank Rostock, und Unternehmensberaterin Corinna Pommerening informieren über Chancen und Herausforderungen des digitalen Wandels.
© Quelle: ANTJE BERNSTEIN
Rostock. Fluch oder Segen? Am digitalen Wandel scheiden sich die Geister. Wer nicht zur Generation Smartphone zählt, bei dem kann schon der Gedanke an Künstliche Intelligenz und Co. Zukunftsängste heraufbeschwören. Auch in Mecklenburg-Vorpommerns Chefetagen steht mancher dem Schritt von der analogen in die digitale Welt skeptisch gegenüber. „Digitalisierung ist kein Dilemma. Sehen Sie sie als Hebel und machen Sie sich diesen zunutze“, empfiehlt Corinna Pommerening den Führungskräften, die ihrem Vortrag lauschen. Die Volks- und Raiffeisenbank hat die Unternehmensberaterin aus Hamburg nach Rostock eingeladen, um Firmenkunden Chancen der Digitalisierung aufzeigen. „Wir wollen die Unternehmer beim Schritt in die Zukunft begleiten“, sagt Olaf Schlenzig, Firmenkundenbetreuer bei der VR-Bank Rostock.
Digitalisierung bedeute vor allem Veränderung, sagt Corinna Pommerening. „Sie verändert das Kundenverhalten, unsere Arbeitswelt, Geschäftsmodelle.“ Nur wer bewährte Strategien überdenkt, aktualisiert und womöglich neue Wege geht, werde am Markt bestehen. Bislang nutze Deutschland nur zehn Prozent seines digitalen Potenzials. Das böte auch kleine Firmen die Chance, mit guten Ideen, etwa einer zeitgemäßen Produktvermarktung auf Social-Media-Kanälen, durchzustarten und Kapazitäten besser zu nutzen.
Die Transformation kostet – Geld für Hard- und Software, aber auch Zeit. Eingeübtes umzustellen, gelinge nicht von jetzt auf gleich, merkt Stephan Gustke, Chef der Spedition Gustke in Rostock, an. Im Alltagsgeschäft blieben kaum Freiräume, um sich mit Digitalisierung zu befassen. Dabei biete sie Chancen, die Produktivität zu erhöhen und Personal effektiver einzusetzen. Die Logistikbranche sei „stark der Digitalisierung unterworfen“ und Branchenriesen wie Amazon würden zudem Klein- und Mittelständler in Zugzwang bringen. Er rät Unternehmern dazu, auf Nischen und individuellen Service zu setzen.
„Kunden wollen einbezogen werden“, gibt Corinna Pommerening ihm recht. „Die Grenze zwischen Produzent und Konsument verschwimmt.“ Shirthersteller lassen ihre Kunden online Mode nach Wunsch gestalten, das Glas Schokocreme kommt bedruckt mit selbstgewählter Botschaft auf den Frühstückstisch. „Customizing und Do it Yourselve sind das Gebot der Stunde und eine tolle Marketingstrategie. Im besten Fall wird der Kunde Ihr Markenbotschafter.“ Dafür gelte es, seine Bedürfnisse zu befriedigen. „Alles muss extrem schnell und bequem sein. Auf dem Silbertablett serviert und rund um die Uhr verfügbar.“
Holger Luks, Chef der Rostocker Dachdeckerei Luks&Voigt, meint, dass auch das Handwerk vom Digitalen profitiert. In seiner Firma würden zeitraubende Verwaltungsaufgaben Schritt für Schritt automatisiert. „Die Zeiterfassung auf der Baustelle läuft per Smartphone. Zum 1. Januar wollen wir unsere Eingangsrechnungen vollständig digital verarbeiten.“ Nach aufwendiger Startphase spüre er jetzt eine „große Arbeitserleichterung“ durch die Digitalisierung.
Solch ein Schritt gelinge Unternehmern nicht im Alleingang, sagt Corinna Pommerening. „Sie müssen ihre Mitarbeiter mitnehmen.“ Es gelte, Vorbehalte abzubauen und das Personal für neue Tätigkeitsfelder zu qualifizieren, aber auch Anreize zu schaffen. Wer den Wandel mitgestalten dürfe, bringe die nötige Motivation und Bereitschaft für Neues auf. Denn trotz aller High Tech: „Die wesentliche Schnittstelle in Ihren Unternehmen ist und bleibt der Mensch.“
Antje Bernstein